Klimaanpassung 20.08.2025, 14:29 Uhr

Hitze in der Stadt: Diese Maßnahmen kühlen wirklich

Mit steigenden Durchschnittstemperaturen ist Hitze in der Stadt ein zunehmendes Problem. Wie lassen sich Klimanpassungen realisieren?

Flächenversiegelung in der Stadt

Zunehmende Flächenversiegelung und Klimawandel sind eine unheilvolle Kombination. Es braucht dringend Konzepte zum Kühlen von Städten.

Foto: PantherMedia / Liufuyu

Städte wärmen sich stärker auf als ihr Umland. Fachleute sprechen von der „städtischen Wärmeinsel“. Dafür wirken mehrere Ursachen zusammen: dichte Bebauung, versiegelte Flächen, dunkle Materialien, wenig Vegetation und zusätzliche Abwärme aus Verkehr, Gewerbe und Klimageräten. Die Helmholtz-Klima-Initiative beschreibt, dass der Klimawandel öfter stabile Hochdrucklagen bringt. Sie blockieren den Luftaustausch und verlängern Hitzewellen – gerade in Städten mit viel Beton und Asphalt.

Materialien spielen eine zentrale Rolle. Asphalt, Beton, Ziegel und Metall speichern tagsüber Strahlungsenergie und geben sie nachts verzögert als Wärme ab. Glasflächen verstärken lokale Strahlungsgewinne. Versiegelung hemmt Verdunstung. Ohne Verdunstung fehlt der wichtigste natürliche „Kühlmotor“ im urbanen Mikroklima. Das Ergebnis: hohe Tagesspitzen und zu warme Nächte.

Wie wir Hitze messen: Kenntage und Belastung

Wenn wir über Hitze reden, sollten wir präzise sein. Der Deutsche Wetterdienst definiert „Heiße Tage“ mit einem Maximum von mindestens 30,0 °C. „Sommertage“ beginnen bei 25,0 °C. „Tropennächte“ liegen vor, wenn die Temperatur nicht unter 20,0 °C sinkt. Diese Kenngrößen helfen, Trends und Risiken in Planung und Gesundheitsschutz zu bewerten.

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Die Zahl heißer Tage steigt seit Jahren. Kommunen merken das zuerst an überlasteten Rettungsdiensten, aufgeheizten Wohnungen und hoher Belastung auf Baustellen, in Logistik oder Pflege.

Soziale Dimension: Hitze trifft nicht alle gleich

Hitze ist auch eine Frage von Gerechtigkeit. Wer in stark versiegelten, baulich dichten Quartieren lebt, hat oft weniger Grün, weniger Schatten, schlechtere Durchlüftung und geringere Mittel für technische Kühlung. Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) hat 190 deutsche Städte zu Versiegelung und Grünausstattung verglichen.

Ergebnis: Viele Kommunen stehen unter Handlungsdruck; die DUH vergibt dabei grüne, gelbe oder rote Karten. Für Planungsteams ist das ein deutlicher Anstoß, Flächennutzung und Begrünung zu priorisieren.

Was physikalisch kühlt – und was hilft, wenn es brennt

Zwei Grundprinzipien tragen urbane Kühlung:

  1. Verdunstung statt Versiegelung. Unversiegelte, wasserführende Böden entziehen ihrer Umgebung beim Verdunsten Energie. Das lässt sich quantifizieren: Für die Verdunstung eines Liters Wassers werden rund 0,69 kWh aufgewendet – Energie, die der Luft als Wärme fehlt. Landesbehörden wie das LBEG betonen deshalb die „Kühlleistung des Bodens“ und raten zu Entsiegelung, Speicherung von Regenwasser und Schattenspendern.
  2. Luft bewegen und Luftwege offenhalten. Kaltluft bildet sich nachts über Freiflächen, Hängen und Kaltluftentstehungsgebieten. Sie fließt hangabwärts und kann – bei freien Bahnen – in die Stadt einströmen. Stadtklimatische Leitfäden (u. a. VDI 3787-Reihe, Klimaatlanten) empfehlen Frischluftschneisen und Ventilationsbahnen sowie die Vermeidung von Querriegeln in Tälern. Stuttgart, Hessen und andere Länder stellen dafür Planungshinweise und Karten bereit.

 

Was bedeutet das praktisch?

  • Begrünen und bewässern: Parks, Bäume, grüne Dächer und Fassaden liefern Schatten und Verdunstungskälte.
  • Wasser vor Ort nutzen: Schwammstadt-Prinzipien (Rigolen, Mulden, Verdunstungsbeete) halten Regenwasser zurück und geben es in Hitzephasen an die Luft ab.
  • Aufhellen und verschatten: Helle Oberflächen erhöhen die Reflexion (Albedo). Temporäre Verschattung im Straßenraum senkt die Strahlungslast für Menschen.

Evidenz aus Städten: Was Studien zeigen

Forschende aus Aachen und San Francisco untersuchten „Park Cool Islands“: Parks senken die Umgebungstemperatur im Mittel deutlich. In San Francisco lagen die Mittelwerte um etwa 3 °C, in kühleren Stadtteilen bei bis zu 4,3 °C. Für den Golden Gate Park reichten die Unterschiede – je nach Messort und Zeitpunkt – bis nahe 10 °C. Das unterstreicht: Größe, Struktur und Einbindung der Grünfläche entscheiden über den Kühleffekt.

Die Helmholtz-FAQ fasst die Wärmeinsel-Mechanik verständlich zusammen. Sie liefert das große Bild: mehr Hitzeextreme, häufigere Hitzewellen, höhere Belastung in Zentren als im Umland. Für Baukultur und Materialwahl ist das relevant – von der Fassadengestaltung bis zur Aufhellung von Belägen.

Beispiele aus der Praxis – was Kommunen testen

  • Helle Straßenbeläge (Phoenix, USA). Die Stadt lässt Fahrbahnen mit „Cool Pavement“ beschichten. Messungen mit ASU zeigen tagsüber bis zu 12 °F (≈ 6–7 °C) niedrigere Oberflächentemperaturen gegenüber konventionellem Asphalt. Der Effekt auf die Lufttemperatur ist klein, aber tendenziell positiv; dafür sinken Wärmeinhalte in der Oberfläche. Wichtig: Reflexion kann lokal die Strahlung für Fußgänger*innen erhöhen – Planung muss das berücksichtigen.
  • Weiße bzw. „coole“ Dächer (Kalifornien). Energiecodes (Title 24) fordern in vielen Zonen hohe Reflexion bei neuen oder erneuerten Dächern. Das reduziert solare Gewinne am Gebäude und den Kühlbedarf. Für deutsche Städte ist das als planerischer Ansatz interessant, technisch aber an Normen, Klimaregion und Bauphysik anzupassen.
  • Sonnensegel im Straßenraum (Sevilla). Schattierende Textilsegel spannen Städte dort regelmäßig über Einkaufsstraßen. Das reduziert Strahlungslast und verbessert das thermische Empfinden. Die Stadt vermeldet jährlich die Montage über dutzenden Straßen. Übertragbar sind solche Lösungen auf temporäre Hitzeperioden, etwa als saisonale Maßnahme.
  • „Künstliche Wolke“ (Zürich). Auf dem Turbinenplatz testete die Stadt 2022/23 eine Nebelinstallation („Alto Zürrus“). Die Anlage zerstäubt Wasser zu feinem Nebel, der beim Verdunsten kühlt. Die kommunale Auswertung betont messbare, aber kleinräumige Effekte; parallel wuchs Baumschatten als nachhaltigere Kühlquelle. Fazit aus der Praxis: Nebel wirkt punktuell, Bäume liefern den robusteren Beitrag.
  • Verdunstungsbeete (Berlin-Tegel). Auf dem Areal der „Urban Tech Republic“ startete 07/2025 eine Versuchsanlage. Regenwasser wird in bepflanzte Beete geleitet und verdunstet bei Hitze. Das folgt dem Schwammstadt-Prinzip: Wasser bleibt vor Ort, kühlt und entlastet die Kanalisation.

Gesundheit schützen: Hitzeaktionsplanung systematisch aufsetzen

Für Kommunen reicht es nicht, nur zu bauen. Es braucht Krisenabläufe, Informationsketten und Zuständigkeiten. Eine aktuelle VDI-Handlungsempfehlung zur Hitzeaktionsplanung (08/2025) legt den Fokus auf Koordination, Nutzung des DWD-Hitzewarnsystems (Stufen I und II), zielgruppengerechte Kommunikation und Schutz vulnerabler Gruppen. Sie verbindet kurzfristige Maßnahmen (Verschattung, Trinkwasser, kühle Orte) mit baulichen Anpassungen und Standards wie ASR A3.5 in Arbeitsstätten.

Die DUH-Auswertung zeigt, wie ungleich die Ausgangslagen sind. Für Städte mit hoher Versiegelung lohnt, Entsiegelungsprogramme und Baumpflanzungen in hitzeexponierten Quartieren zuerst umzusetzen. Für Regionen mit Inversionslagen stehen Frischluftschneisen weit oben. Beide Punkte lassen sich mit Stadtklimaanalysen und Planungshinweiskarten priorisieren.

KI als neues Werkzeug: Hitzebelastung „metergenau“ planen

Hitzeschutz wird datengetrieben. Ein Forschungsteam der Universität Freiburg und des KIT hat ein KI-Modell vorgelegt, das die gefühlte Temperatur kleinräumig und über Dekaden prognostiziert. Für Freiburg simulierten die Forschenden den Zeitraum 2070–2099 in drei Szenarien.

Ergebnis für das pessimistische Szenario: bis zu 307 Stunden pro Jahr mit starker Hitzebelastung (> 32 °C gefühlte Temperatur) – gegenüber 135 Stunden in 1990–2019. Sehr starke Belastung (> 38 °C) könnte auf 71 Stunden steigen (Referenz: 7 Stunden). Das Team betont die Rolle von Bebauungsdichte, Vegetation und Luftzirkulation.

„Faktoren wie Bebauungsdichte, Vegetation und Luftzirkulation entscheiden darüber, ob ein Bereich vergleichsweise kühl bleibt oder sich extreme Hitze staut“, erklärt Dr. Ferdinand Briegel. „Mit unserem KI-Modell können wir die Hitzeentwicklung in Freiburg buchstäblich vor jeder Haustür analysieren“, sagt Professor Andreas Christen, Umweltmeteorologe an der Universität Freiburg.

Für Ingenieur*innen und Planende ist das wertvoll: Mit feiner Auflösung lassen sich Maßnahmen dort platzieren, wo sie den meisten Nutzen stiften – etwa Bäume entlang von Strahlungsachsen, helle Beläge an Hot-Spots, Retentionsflächen in überhitzten Quartieren.

Kaltluft nutzen: alte Idee, neue Relevanz

Die nächtliche Kaltluft ist ein oft unterschätzter Verbündeter. Sie strömt aus dem Umland ein, wenn Wege frei bleiben. VDI-Richtlinien und Klimaatlanten zeigen, wie Sie Luftleitbahnen freihalten, mit Grünzügen koppeln und querstehende Baukörper vermeiden.

Auch Hecken, Gehölze oder Mauern können den bodennahen Abfluss dämpfen – das gilt es im Entwurf zu berücksichtigen. Gute Beispiele liefern Stuttgart und weitere Kommunen mit aktueller Stadtklimaanalyse.

Quartier für Quartier denken

Hitze ist kein gleichmäßiges Phänomen. Ein Innenstadtplatz mit dunklem Pflaster verhält sich anders als ein schattiger Hof oder ein Gewerbegebiet mit Blechhallen. Deshalb brauchen Kommunen und Planende einen differenzierten Blick. Daten aus Freiburg zeigen: Dicht bebaute Industrieareale können künftig bis zu 300 Stunden starke Hitzebelastung pro Jahr erleben, während Wohngebiete mit Bäumen spürbar entlastet werden.

Ein Ansatz lautet: Maßnahmen müssen an die Gebäudetypen und Straßenzüge angepasst werden. So entstehen wirksame Pakete statt zufälliger Einzelaktionen.

Straßenräume: Asphalt, Schatten und Wasser

Straßenflächen machen in Städten oft mehr als 20 % der Gesamtfläche aus. Ihre Gestaltung beeinflusst das Mikroklima enorm.

  • Materialwahl: Dunkler Asphalt speichert Energie. Helle Beläge oder spezielle Beschichtungen („Cool Pavements“) senken die Oberflächentemperatur um mehrere Grad. In Phoenix wurden Unterschiede bis zu 6 °C gemessen.
  • Beschattung: Straßenbäume schaffen Kühlung durch Verdunstung und Schatten. Aber sie brauchen Wurzelraum, Wasserzugang und Pflege. Viele Städte setzen inzwischen auf „Schwammstadt“-Konzepte, damit Regenwasser nicht sofort abfließt, sondern lokal gespeichert wird.
  • Temporäre Verschattung: Sonnensegel oder textile Strukturen wie in Sevilla zeigen, dass einfache, temporäre Lösungen für Fußgängerzonen wirksam sind.
  • Wasser im Raum: Nebelduschen oder kleine Wasserflächen kühlen punktuell. Zürich hat mit einer künstlichen „Wolke“ experimentiert, die mit feinem Sprühnebel Temperaturen spürbar senkte. Der Effekt blieb lokal, aber für belebte Plätze kann er sinnvoll sein.

Dächer und Fassaden: große Flächen nutzen

Gebäudehüllen bieten riesige Potenziale für Abkühlung.

  • Gründächer: Sie speichern Regenwasser, verdunsten es bei Hitze und senken die Temperatur. Gleichzeitig verbessern sie die Dämmung. Studien zeigen, dass begrünte Dächer die Oberflächentemperatur um 20–40 °C reduzieren können.
  • Fassadenbegrünung: Vertikale Gärten verbessern das Mikroklima in engen Straßenschluchten. Das bekannteste Beispiel ist der „Bosco Verticale“ in Mailand. Die bepflanzten Hochhäuser halten Hitze ab, speichern Regenwasser und wirken isolierend.
  • Helle Dächer: In Kalifornien sind weiße Dächer Pflicht bei Neubauten und Sanierungen. Sie reflektieren Strahlung, senken Kühlenergie und mindern den Wärmeinseleffekt. Deutsche Kommunen prüfen zunehmend ähnliche Vorgaben.

Plätze und Freiflächen: Aufenthaltsqualität sichern

Plätze sind stark sonnenexponiert, oft versiegelt und ohne Schatten. Hier entscheidet sich, ob Menschen die Stadt als lebensfreundlich erleben.

  • Entsiegelung: Pflasterungen mit wasserdurchlässigen Steinen, Grüninseln oder Beeten erlauben Verdunstung. Studien des LBEG belegen die „Kühlleistung des Bodens“ – ein Liter verdunstetes Wasser entzieht der Luft rund 0,7 kWh Wärme.
  • Verdunstungsbeete: In Berlin-Tegel erprobt man diese Technik. Regenwasser wird gesammelt, in Beete geleitet und dort langsam verdunstet. Das wirkt wie eine natürliche Klimaanlage.
  • Schattenstrukturen: Pergolen, leichte Dächer oder Sonnensegel sind kurzfristig wirksame Maßnahmen.

Innenhöfe und Wohnquartiere: Nähe zur Bevölkerung

Viele Menschen verbringen heiße Tage in ihren Wohnungen oder Höfen. Hier wirkt sich Planung direkt auf das Wohlbefinden aus.

  • Luftzirkulation ermöglichen: Höfe sollten nicht vollständig geschlossen sein, sonst staut sich Wärme. Offene Seiten oder Durchgänge lassen Luft zirkulieren.
  • Begrünung im Kleinen: Bäume, Sträucher oder Rankpflanzen in Innenhöfen schaffen Schatten und reduzieren die gefühlte Temperatur.
  • Regenwassernutzung: Zisternen oder offene Mulden speichern Niederschläge und geben sie langsam wieder ab – hilfreich in heißen Nächten.

Unterschiedliche Klimaregionen – unterschiedliche Rezepte

Nicht alle Maßnahmen wirken überall gleich. Forschende der ETH Zürich haben 30.000 Städte analysiert. Ergebnis: Der Nutzen von Begrünung hängt stark von Niederschlag und Klima ab.

  • Trockene Städte (z. B. Phoenix): Begrünung bringt starken Effekt, weil Verdunstung deutlich wirkt. Hier lohnt sich Wassermanagement besonders.
  • Tropische Städte (z. B. Singapur): Dort bringt zusätzliche Begrünung weniger, weil ohnehin viel Vegetation vorhanden ist. Wichtiger sind Winddurchlässigkeit, Verschattung und Materialwahl.

Für deutsche Städte bedeutet das: Lösungen müssen lokal angepasst werden – je nach Niederschlagsmuster, Topografie und bestehender Begrünung.

Gesundheitsschutz praktisch umsetzen

Technische Maßnahmen allein reichen nicht. Es braucht Strukturen für die Bevölkerung:

  • Hitzeaktionspläne: Laut VDI sollten Städte eine zentrale Koordinierungsstelle einrichten. Sie muss auch am Wochenende ansprechbar sein und im Ernstfall einen Krisenstab einberufen.
  • Warnsystem nutzen: Der DWD bietet Hitzewarnungen mit zwei Stufen. Städte können Trinkwasserstellen öffnen, Kühlräume bereitstellen und Pflegedienste informieren, sobald Warnungen eingehen.
  • Zielgruppen ansprechen: Ältere Menschen, Kinder, Menschen mit Vorerkrankungen oder ohne eigene Kühlmöglichkeiten sind besonders gefährdet. Information über Apps, Radio, Aushänge oder Hausärzt*innen kann Leben retten.

„Koordination ist der Schlüssel“, heißt es in der VDI-Handlungsempfehlung.

Wer besonders leidet – soziale Aspekte

Nicht alle haben die gleichen Chancen, mit Hitze umzugehen.

  • In wohlhabenden Vierteln gibt es mehr Parks, größere Wohnungen und bessere Kühltechnik.
  • In armen Quartieren fehlt es an Grünflächen, Wohnungen sind schlechter isoliert, oft ohne Zugang zu kühlen Orten.
  • Menschen in prekären Jobs wie Bau, Logistik oder Reinigung verbringen Stunden in direkter Hitze.

Die DUH weist in ihrem Hitze-Check darauf hin, dass Kommunen diese Unterschiede berücksichtigen müssen. Nur so können Maßnahmen fair verteilt werden.

Do’s and Don’ts für Kommunen

Viele Städte beginnen mit Einzelprojekten – einem begrünten Dach hier, einem Wasserspielplatz dort. Doch wirkungsvoller ist ein ganzheitlicher Ansatz. Aus den Studien und Praxisbeispielen lassen sich klare Regeln ableiten:

Do’s

  • Kombination der Hebel: Am meisten Wirkung erzielen Maßnahmen, wenn sie zusammenwirken – z. B. Entsiegelung plus Begrünung plus Verschattung.
  • Soziale Gerechtigkeit einplanen: Kühle Räume und Grünflächen gehören zuerst in die Viertel, die heute unterversorgt sind.
  • Daten nutzen: KI-Modelle wie das Freiburger Projekt helfen, Hot-Spots zu identifizieren und Prioritäten festzulegen.
  • Krisenpläne verankern: Neben baulichen Projekten braucht es Abläufe für Warnungen, Notversorgung und Kommunikation.

Don’ts

  • Keine isolierten Prestigeprojekte: Ein „Kühlturm“ oder eine Nebelwolke allein lösen kein Stadtklima-Problem.
  • Keine Blockade der Kaltluftwege: Querbauten oder dichte Hecken an den falschen Stellen verhindern, dass kühlere Luft in die Stadt strömt.
  • Nicht nur Technik vertrauen: Klimaanlagen lindern Symptome, verschärfen aber durch Abwärme und Energieverbrauch das Problem.

Monitoring: Erfolg messen

Damit Anpassung funktioniert, müssen Städte Wirkung und Kosten nachvollziehen können. Dazu eignen sich mehrere Werkzeuge:

  • Temperatursensoren im Straßenraum: Mobile Messungen auf Fahrrädern oder festen Stationen zeigen, wie sich Projekte auswirken. So konnte der Kühleffekt des Golden Gate Parks in San Francisco präzise quantifiziert werden.
  • Satellitendaten: Sie liefern großflächige Karten von Oberflächentemperaturen und Versiegelung.
  • Energie- und Gesundheitsdaten: Krankenhauseinweisungen, Stromverbrauch oder Wasserbedarf sind indirekte Indikatoren für Belastung.
  • Bürger*innenbeteiligung: Feedback-Apps oder Meldesysteme helfen, Hitze-Hot-Spots aus Sicht der Bevölkerung sichtbar zu machen.

Kosten und Nutzen

Viele Kommunen fragen: Lohnt sich das? Hier helfen Vergleiche:

  • Entsiegelung: Pflasterungen zu entfernen und durch Grün- oder wasserdurchlässige Beläge zu ersetzen kostet initial, spart aber langfristig an Hitzeschäden, Regenwasserabfluss und Pflegekosten.
  • Begrünung: Dach- oder Fassadenbegrünung erfordert Investitionen, senkt aber Energiekosten und steigert die Lebensqualität.
  • Aufhellung: Helle Beschichtungen sind vergleichsweise günstig, müssen aber regelmäßig erneuert werden.
  • Hitzeaktionspläne: Organisatorische Strukturen kosten wenig im Vergleich zu Infrastruktur, retten aber nachweislich Leben.

Studien legen nahe: Jeder Euro, der in Anpassung investiert wird, spart mittelfristig ein Vielfaches an Schäden und Gesundheitskosten.

Quellen

Ein Beitrag von:

  • Dominik Hochwarth

    Redakteur beim VDI Verlag. Nach dem Studium absolvierte er eine Ausbildung zum Online-Redakteur, es folgten ein Volontariat und jeweils 10 Jahre als Webtexter für eine Internetagentur und einen Onlineshop. Seit September 2022 schreibt er für ingenieur.de.

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